Grundlagen zum Herz-Funktionskreis aus TCM Sicht:
Die jahrtausendealte östliche traditionelle chinesische Medizin (TCM) betrachtet das Organ Herz nicht rein anatomisch, wie in der westlichen Medizin. Das Organ Herz gehört zu einem Gesamtfunktionskreis, welches viele Funktionen vereint, die wir in der westlichen Medizin so dem Herzen nicht zuordnen. Neben dem eigentlichen Organ Herz gibt es einen psychoemotionalen Aspekt (Shen) der dem Funktionskreis Herz zugeordnet wird.
Dem Herz-Funktionskreis wurden schon in den antiken Werken eine Herrscher und übergeordnete Leitungsfunktion für die 5 Yin- und 6 Yang Organe zugesprochen. Die Hauptaufgabe des Herzens ist, das Blut und die Blutgefäße zu regulieren und den Geist (Shen) zu beherbergen. In den Klassikern ist zu schon zu lesen, dass die Funktion des Herzens „die Regierung des Blutes, die Kontrolle der Blutgefäße, die Beherbergung des Geistes Shen“ ist. Das Shen manifestiert sich im Antlitz (rosige Wangen und Glanz der Augen) des Menschen, öffnet sich in der Zunge und kontrolliert die Schweiße.
Diese historischen Aussagen haben bis heute ihre klinische Relevanz nicht verloren. Wenn davon gesprochen wird, das Herz regiert das Blut, tut es dies in zweierlei Hinsicht. Die Umwandlung von Nahrung-Qi in Blut findet nach den antiken Vorstellungen der TCM im Herzen statt. Das Herz ist dafür verantwortlich, die Blutzirkulation im Körper zu gewährleisten. Das gesunde Herz ist für eine ausreichende Blutversorgung aller Körpergewebe unabdingbar. Wenn seine Funktion gestört ist, zum Beispiel bei einem Blutmangel oder Herzinsuffizienz, verlangsamt sich die Zirkulation, insbesondere in der Peripherie und die Hände können kalt werden. Bei der Blutzirkulation wird das Herz durch andere Funktionskreise wie die Lunge, die Milz und die Leber unterstützt. Tatsächlich wissen wir aus der westlichen Medizin, das durch Steuerung von Hirnstammzentren in der Medulla oblongata die Taktgebung des Herzschlages (4:1 ->spill over) mit der Lunge gekoppelt wird.
Welche Aufgabe haben andere Funktionskreise für das Herz?
Die Lunge bewirkt durch ihren Unterdruck bei der Einatmung für eine Entblutung des kapillären Gefäßbettes und sorgt für einen Rückstrom des venösen Blutes zum Herzen. Die Milz liefert aus dem Verdauungsprozess die nötige Energie aus der Nahrung um Qi zu bilden. Der Leber-Funktioskreis wiederum hilft aus TCM -Sicht, das Blut zu verteilen und sorgt bei Frauen für einen harmonischen Menstruationsverlauf.
Historische Zitate zum Herz-Funktionskreis:
Die Aussage „es beherbergt den Geist“ bezieht sich auf eine besondere Sichtweise der TCM, das das sogenannte Shen im Herzen residiert. Aber was ist das Shen im Herz-Funktionskreis?
Das Shen steht für komplexe mentale Fähigkeiten die mit dem Intellekt, auch emotionalen und spirituellen Aspekten des menschlichen Wesens verbunden werden. Diese mentalen Funktionen des Shen, die mit dem Geist in Verbindung gebracht werden, wie Gedächtnis und Intelligenz sind aus Sicht der modernen wissenschaftlichen Medizin Gehirnaktivitäten zuzuordnen. Das Shen kann man als eine Art Wachbewusstsein verstehen, es umfasst den Verstand, Wissen, Gedächtnisfunktionen, Konzentration und Sinneswahrnehmung. Shen ist ein Yang-Aspekt, der sich nach außen wendet und mit der Umwelt Kontakt aufnimmt. Diesen Ausdruck von Shen nehmen wir an einem Menschen in Form seines klaren Blickes, der aufrechten Körperhaltung, die eine innere Präsenz zu dem äußeren Geschehen widerspiegelt. In der Nacht zieht sich das Shen in das Herz zurück, steuert den Rhythmus und die Koordination von Schlaf -und Wachbewusstsein. Störungen im Herz-Funktionskreis können also zu Durchschlafstörungen führen.
Die Aussage „es öffnet Sicht in der Zunge“! bedeutet, das in der chinesischen Medizin enge Bezüge zwischen dem Herz -Funktionskreis und der Zunge gesehen werden. Insbesondere die Zungenspitze spiegelt die Verfassung des Herz -Funktionskreis wieder. Auch die Unterscheidung der 5 Geschmacksrichtungen wird in der TCM als eine Herzfunktion betrachtet, enge Bezüge gibt es auch zur Sprache und Störungen der Artikulation wie Stottern oder Aphasie.
Die Aussage „es kontrolliert das Schwitzen“ zeigt den engen Bezug zwischen dem Blut und den übrigen Körperflüssigkeiten, die einen gemeinsamen Ursprung haben. Schon in den Klassiker des „Jade-Briefs auf dem golden Schrein“ steht „Körperflüssigkeiten treten in die Blutgefäße ein und werden zu Blut“. Eine Herz-Qi Schwäche kann oft zu spontanen Tagesschweißen führen, hingegen eine Schwäche des Herz-Yin oft zu Nachtschweißen führen.
Herzrhythmusstörungen:
Aus Sicht der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gibt es 2 grundsätzliche Formen der Herzrhythmusstörungen.
1. Zheng chong: tritt bei organischen Erkrankungen mit Dysfunktion des Herzens auf, wird meist durch leichte körperliche Belastung, Stress und Ermüdung ausgelöst. Diese Art von Palpitationen sind allgemein chronisch stehen im Bezug zu einer aktuellen Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz). Bei diesem Typ liegen Arhythmien, Sinustachykardien, Sinusbradykardien, Vorhofflimmern, bis zum Sick-Sinus- Syndrom. Zusätzlich finden sich oft Zeichen der kardialen Zirkulationsstörung, wie bei einer koronaren Herzerkrankung (KHK). Zheng chong Palpitationen sind primär Schwäche-Muster. Die Therapiestrategie in der TCM ist stützend vor zu gehen. Qi, Yang und gegebenenfalls Yin und XUE werden gestützt.
2. Jing ji: ist primär eine Störung des Geistes Shen die provoziert wird durch Angst, Furcht oder andere Emotionen. Es liegt oftmals keine strukturelle Herzerkrankung vor. Es handelt sich häufig um subjektiv empfundene Palpitationen (rasender Puls, auslassen von Pulsschlägen DD: ventrikuläre Extrasystolen ) und im EKG lassen sich keine Arhythmien objektivieren. Typisch ist das Auftreten von Palpitationen im Zusammenhang von Emotionen. Hier sieht die TCM vor allen Dinge eine Störung des Shen im Vordergrund, das seine gesunde Behausung im Herzen verloren hat. Therapiestrategie: beruhigen und verankern des Shen.
Beide Formen von Herzrhythmusstörungen können auch in gemischter Form auftreten.
Das Qi des Herz-Funktionskreises reguliert die rhythmische Kontraktion des Herzmuskels (Myokards). Schwächezustände des Qi führen zu Arhythmie und Herzinsuffizienz und äußern sich durch verminderte Kontraktilität des Herzmuskels (Myokards). Kommt es zu einem Schwächezustand des Yang im Herz -Funktionskreis beruht dieser häufig auf einer Yang Schwäche im Milz -und Nieren -Funktionskreis. Häufig zeigen sich hier stärkere Herzrhythmusstörungen und stärkere Zeichen einer Herzinsuffizienz, Palpitationen und Belastungsdyspnoe (Luftnot). Auch eine Schwäche des Yin des Herz-Funktionskreis kann zu Herzrhythmusstörungen führen, häufig sind dabei Hitzezeichen und Zeichen der mangelnden Verankerung des Shen vorhanden.
Studien zu Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit Akupunktur:
In jüngster Zeit gibt es eine zunehmende moderne wissenschaftliche Forschung zu der Wirkung von Akupunktur bei Herzrhythmusstörungen, die eine Wirksamkeit belegen. Dabei konnten gleich gute Effekte der Akupunktur wie bei einer antirhythmischen medikamentösen Therapie mit Amidaron bei Vorhofflimmern nachgewiesen werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass Akupunktur zu einer verringerten Rate von Vorhofflimmern führt. Das Konversionen in einen normalen Sinusrhythmus unterstützt werden, Blutdruckwerte gesenkt werden und Nebenwirkung von antiarrhythmischen Medikationen ausgeglichen werden konnten.
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Koronare Herzerkrankungen ( KHK ):
Bei koronare Herzerkrankung entsteht eine Verkalkung der Herzkranzgefäße. Kommt es zu mehr als einer 90-prozentigen Einengung der Arterien, führt dies zu einer hämodynamischen Wirksamkeit mit Durchblutungsstörungen im Herzmuskel. Es kommt zu Beschwerden in Form von Schmerzen in der Brust. Eine koronare Herzerkrankung kann sich durch anfallsartige thorakalen Schmerz (Angina pectoris) bei körperlicher Anstrengung zeigen. Kommt es zu einer massiven Verlegung der Herzkranzgefäße resultiert ein Herzinfarkt. Die Diagnostik umfasst neben ergometrischen Belastungsuntersuchungen einen Linksherzkatheter zur direkten Darstellung von Verengungen der Herzkranzgefäße. Liegt eine hochgradige Verengung der Herzkranzgefäße vor, ist die Erweiterung der Engstelle und Einlage eines Stents zum offen halten der Herzkranzgefäße, die einzige lebensrettende Maßnahme und bedarf sofortigen stationären Handelns.
Integrative traditionelle chinesische Medizin (TCM) bei koronare Herzerkrankung:
In der traditionellen chinesischen Medizin werden Herzschmerzen/Thoraxschmerzen als „Tong“ bezeichnet. In den antiken Werken der chinesischen Medizin finden zahlreich differenzierte Unterbegriffe wie: Xiongbi was eine verengten Brustraum meint, Jue yin tong was Schmerzen aufgrund eines Zurückziehens von Qi und Blut aus dem Herzfunktionskreis beschreibt und cu xintong was plötzliche Herzschmerzen meint. Als Ursache kennt die chinesische Medizin 3 wichtige Faktoren:
1.) Temperaturproblem: Ein äußerer Kältereinfluss trifft auf den Lungen Funktionskreis und führt zur Verlangsamung des Blutflusses in den Herzkranzgefäße. Dies trifft besonders bei älteren Menschen mit geschwächten Qi auf (Kälteangina pectoris).
2.) Dynamikproblem: Eine Schwäche der Verdauungsorgane, zum Beispiel durch viel rohes oder fettes Essen, führt zur Bildung von Feuchtigkeit und Schleim (häufig mit Hypercholesterinämie verbunden ). Es wird in der Konsequenz weniger Qi bereitgestellt welches das Blut bewegen könnte. Der den Blutfluss in den Herzkranzgefäßen verlangsamt sich.
3.) Können auch emotionale Faktoren wie Stress, Ärger, Frustration und Sorgen zu einem Dynamikproblem führen, das zu einer mangelnden Durchblutung der Herzkranzgefäße durch plötzliches Zusammenkrampfen führt (Vasospasmus= Prinz-Metall Angina).
Therapie:
Die chinesische Arzneimitteltherapie mit überwiegend pflanzlichen Mitteln, Akupunktur sowie diätetische Beratung sind wichtige Pfeiler der komplementären Behandlung von koronaren Herzerkrankungen. Sie Verstehen sich als Ergänzung zu schulmedizinischen Behandlungsmethoden. In jüngster Vergangenheit finden zunehmend mehr Studien zur Wirksamkeit der TCM bei kardiovaskulären Erkrankungen.
Akupunktur Leitbahn des Herz-Funktionskreise
Herzinsuffizienz aus Sicht der chinesischen Medizin (TCM):
Herzinsuffizienz wird in der chinesischen Medizin als ein Syndrom mit verschiedenen Ursachen betrachtet. Je nach Beteiligung der unterschiedlichen Funktionskreise (orbes), kommt es zu verschiedenen klinischen Ausprägungen.
Beteiligt sein kann der Lungenfunktionskreis, orbes pulmonales (fei). Auch Erkrankungen in der Verdauungsorgane, wie der Magen Funktionskreis, o.stomachi ( wei) , Milz-Funktionskreis, orbes lienalis (pi), und auch der Leber-Funktionskreis, o.hepaticus (gan) können aus Sicht der chinesischen Medizin an der Entstehung einer Herzinsuffizienz beteiligt sein. Auch eine Erkrankung des Herz Funktionskreis, orbes cardiales (xin) selbst wie z.B. Herzklappendefekte können zu einer Herzinsuffizienz führen.
Die TCM kennt verschiedene Krankheitsauslösende Ursachen für eine Herzinsuffizienz. Dies können Faktoren wie Kälte, Hitze (Entzündungen), Schleim und Feuchtigkeit sein, die nachfolgend eine Durchblutungsstörung am Herzen bewirken und eine Pumpschwäche verursachen.
Bei einem chronischen Verlauf der Herzinsuffizienz kommt es häufig zu Yin-Schwäche Zuständen, Qi-Mangel und nachfolgenden Yang Mangel. Hierunter kann sich das klinische Bild einer dilatative Kardiomyopathie entwickeln.
Kommt es zusätzlich zu einer Schwäche des Yang renale, also einer Schwächung der Nierenfilterfunktion, verlangsamen sich alle Stoffwechselprozesse und es kommt zur Störung im Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Häufig wird dies durch Entwicklung von Beinödeme, Einlagerung von Flüssigkeit in die Lunge (pulmonale Kongestion) wie Pleuraergüsse begleitet.
Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz in der TCM:
Mittels Puls- und Zungendiagnostik werden die individuellen Muster des Patienten analysiert und mittels chinesischer Arzneimitteltherapie und Akupunktur behandelt.
Studien:
Auch zur Herzinsuffizienz gibt es in der modernen wissenschaftlichen, westlichen Medizin. zunehmende Belege der Wirksamkeit von chinesischer Arzneimitteltherapie bei Herzinsuffizienz.
Traditional Chinese Medicine for Cardiovascular Disease, Evidence and Potential Mechanisms, Panpan Hao, PhD et al. Journal of the American College of Cardiology Vol.69 No. 24, 2017
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